Kurzfassung
Hochauflösende Röntgenmikroskopie erfordert exzellente Optiken mit hoher numerischer
Apertur (NA), die es ermöglichen, Röntgenstrahlen auf kleine Punkte
zu fokussieren. Multischicht-Laue-Linsen (MLL) sind eine neue Art diffraktiver
Optiken, welche harte Röntgenstrahlen mit hoher Effizienz auf nanometer-große
Punkte fokussieren können. Derzeit sind sie allerdings durch Wellenfrontaberrationen
beschränkt, die während des Herstellungsprozesses durch Positionierungsfehler
der Schichten entstehen. Wellenfrontbestimmung und Aberrationskorrektur sind
daher entscheidende Faktoren für die Entwicklung und Verbesserung von MLL,
mit denen die höchstmögliche Auflösung erreicht werden soll. Die notwendige
Wellenfrontcharakterisierung für die Linsenentwicklung sollte nicht allein von einem
Synchrotonzugang abhängig sein, da dieser unter anderem durch das Beantragen
von Strahlzeiten nur sehr begrenzt verfügbar ist. Ziel dieser Arbeit war es daher
herauszufinden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine schnelle und
präzise Wellenfrontcharakterisierung von MLL in einem Laboraufbau zu ermöglichen.
Dies erfordert ein spezielles kompaktes Röntgensystem und eine geeignete Software.
Um die optimale Struktur für MLL zu bestimmen, wurden periodische Multischicht-
Gitter mit verschiedenen Schichtdicken in der Größenordnung von wenigen Nanometern
untersucht. Es wurde festgestellt, dass periodische Multischichten von hoher
Qualität und mit hoher Effizienz (> 60 % bei 17.5 keV und > 80 % bei 60 keV)
hergestellt werden können, deren Leistung hauptsächlich durch die Durchmischung
der Schichten begrenzt ist. Bei WC/SiC-Multischicht-Optiken, der Materialpaarung,
aus der unsere MLL typischerweise hergestellt werden, beträgt die Tiefe dieser
Durchmischung etwa 0.4 nm. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse wurden MLL mit
hoher NA (> 0.01) für die Mikroskopie mit höchster Auflösung hergestellt. Um die
Wellenfrontaberrationen der MLL in einem Laboraufbau zu bestimmen, benötigte es
einen Phasenrekonstruktionsalgorithmus mit geringen Anforderungen an Kohärenz
und Monochromatizität. Ptychographic X-ray Speckle Tracking (PXST) ist ein intern
entwickelter Algorithmus zur Rekonstruktion von Phasengradienten, der diese
Anforderungen erfüllt. Vor kurzem wurde dieser um maschinelle Lerntechniken
erweitert, was auch in verrauschten Umgebungen mit geringer Intensität eine genaue
Phasenbestimmung ermöglicht. Er basiert auf dem X-ray-Speckle-Tracking-Ansatz
und kann als verallgemeinerter Hartmann-Sensor verstanden werden, der Probenmerkmale zwischen überlappenden Bildern verfolgt, um lokale Phasengradienten
zu bestimmen. Es wurde festgestellt, dass aufgrund der Robustheit des Algorithmus
die Wellenfrontrekonstruktionen unabhängig von den Messbedingungen weitestgehend
genau sind, solange die Linse und eine geeignete Probe korrekt zueinander
ausgerichtet sind. Dadurch konnte die für die Charakterisierung von MLL benötigte
Zeit von > 10 Stunden auf wenige Minuten reduziert werden, was eine Aussage
über die Qualität einer Linse noch am Tag ihrer Herstellung ermöglicht.
DerWellenfrontfehler einer MLL ist eine Abbildung der relativen Abweichung von der
Wellenfront einer idealen Linse, welche mit den Fehlstellungen der Linsenschichten
in Verbindung gebracht werden kann, sodass nachfolgende Herstellungszyklen auf
der Grundlage früherer Linsencharakterisierungen verbessert werden können. Es
verbleiben jedoch Restaberrationen, die extern korrigiert werden müssen. Da es
immer schwieriger wird, MLL mit hoher numerischer Apertur mit der erforderlichen
Präzision herzustellen, weisen sie tendenziell größere Aberrationen auf. Um diese
zu korrigieren, wurde ein refraktiver Komposit-Korrektor vorgeschlagen, der aus
einer Anordnung einzelner refraktiver Elemente besteht. Zum ersten Mal wurde ein
solches Design auf der Basis von 3D-Druck im Nanomaßstab realisiert, um ein MLLPaar
für hochauflösende Abbildungen mit harten Röntgenstrahlen zu korrigieren,
was zu einer Rekordfokussierung von 2.9 nm × 2.8 nm bei 17.5 keV führte.
Die gut charakterisierten und aberrationskorrigierten MLL wurden in einer Reihe
von Bildgebungsverfahren am PETRA III-Synchrotron und am Europäischen XFEL
eingesetzt. Dort wurden bestehende Abbildungsverfahren wie die Projektionsholographie
und die Nahfeld-Ptychographie, die von der starken Fokussierung der Linsen
profitieren, in Kombination mit verbesserten Linsen eingesetzt um so Auflösungen
von deutlich unter 10 nm zu erreichen. Neuartige Abbildungsverfahren, die nur
aufgrund der hohen NA der MLL möglich sind, wie z. B. die Konvergenzstrahlkristallographie,
ließen sich erfolgreich umsetzen. Bei hohen Photonenenergien, bei denen
MLL im Gegensatz zu anderen Optiken an Effizienz gewinnen, wurde die Dunkelfeld-
Abbildungsmethode der Raster-Compton-Röntgenmikroskopie erfolgreich eingesetzt,
die eine hochauflösende Abbildung biologischer Proben bei minimaler Strahlendosis
ermöglicht. Insbesondere diese Methode wird von Synchrotrons der vierten
Generation erheblich profitieren, da die höhere Brillanz und größere Kohärenz
in Kombination mit besseren Röntgenoptiken sowohl eine höhere Auflösung als
auch schnellere Datenerfassungszeiten ermöglicht. So könnte die 3D-Abbildung
mikroskopischer Proben mit hoher Auflösung bei geringer Strahlendosis ermöglicht
werden.
Highest resolution X-ray microscopy requires high numerical aperture (NA) optics of excellent quality which allow to focus X-ray beams to small focal points. Multilayer Laue lenses (MLLs) are a new type of diffractive optic with the capability to focus hard X-rays with high efficiency to nanometer spots. However, they are currently limited by wavefront aberrations caused by layer misplacements during their fabrication process. The determination and correction of wavefront aberration are therefore crucial aspects for the development and improvement of MLLs designed to achieve the highest possible resolutions. Wavefront characterization for lens development cannot rely solely on access to synchrotrons, as beamtime must be applied for and is therefore only available to a limited extent. For that reason, the aim of this thesis was to determine the requirements that have to be met in order to enable fast and precise wavefront characterization of MLLs using a laboratorybased setup. This requires a dedicated table top X-ray system and a suitable software. To determine the optimal structure for MLLs, periodic multilayer gratings with different layer thicknesses on the scale of a few nanometers were studied. It was found that high quality and high efficiency (> 60 % at 17.5 keV and > 80 % at 60 keV) periodic multilayers can be fabricated, which are mainly limited by the interdiffusion of the layers. The interdiffusion depth was found to be around 0.4 nm for WC/SiC multilayer-based optics, the material pair our MLLs are typically made of. Based on these findings, high NA (> 0.01) MLLs were produced for highest resolution microscopy. To determine the wavefront aberrations of the MLLs in a laboratory setup, a phase retrieval algorithm with low requirements on coherence and monochromaticity was needed. Ptychographic X-ray speckle tracking (PXST) is an in-house developed phase gradient reconstruction algorithm that was found to fulfill these requirements and was recently augmented to incorporate machine learning techniques, which allow accurate phase retrieval even in noisy and low intensity environments. It is based on the X-ray speckle tracking approach and can be understood as a generalized Hartmann sensor that tracks sample features between overlapping images to determine local phase gradients. It was found that due to the robustness of the algorithm, wavefront reconstructions are largely accurate regardless of the measurement conditions, as long as the lens and a suitable sample are aligned with respect to each other. This has reduced the time required for the characterization of MLLs from > 10 hours to a few minutes, allowing feedback on a lens’ performance on the same day it is manufactured. The wavefront error of an MLL is a map of the relative deviation from the wavefront of an ideal lens, which can be related to the misplacements of its layers, allowing subsequent fabrication cycles to be improved based on previous lens characterizations. However, residual aberrations remain that have to be corrected externally. As it becomes increasingly difficult to produce high NA MLLs with the required precision, they tend to have larger aberrations. To correct these, a compound refractive corrector consisting of an array of individual refractive elements had been proposed. For the first time, such a design was realized based on nano-scale 3D printing to correct an MLL pair for hard X-ray high-resolution imaging, resulting in a record focusing of 2.9 nm × 2.8 nm at 17.5 keV. The well characterized and aberration corrected MLLs were then used in a series of imaging schemes at the PETRA III synchrotron and the European X-ray free electron laser. There, imaging techniques such as projection holography and near-field ptychography, which benefit from the strong focusing of the lenses, were used with improved MLLs to achieve resolutions well below 10 nm. Novel imaging techniques that are now possible due to high NA MLLs such as convergent beam crystallography have been successfully implemented. At high photon energies, where MLLs become more efficient in contrast to other optics, the dark-field imaging method of scanning Compton X-ray microscopy was successfully used, allowing high-resolution imaging of biological samples with minimal radiation dose. This method in particular will benefit significantly from fourth generation synchrotrons, as their higher brightness and larger coherence in combination with better X-ray optics allows for both higher resolution and faster data acquisition times. This should enable 3D imaging of microscopic samples at high resolutions and low radiation doses.